Rede auf der Friedenstournee am 20.09.2015

Liebe „Friedens-Tournee, liebe Friedensengagierte,

bevor die Bedeutung des bedingungslosen Grundeinkommens für den Frieden hier erläutert werden soll, möchte ich dieses Grundeinkommen zunächst vorstellen, wie es gedacht ist, und auch, um einigen häufig vorgebrachten Bedenken, Befürchtungen und Irrtümern vorzubeugen, wie es n i c h t gedacht ist.

  1. Das Grundeinkommen muss eine Existenz sichernde Höhe haben. Das ist eine der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ entsprechenden Forderung, denn es heißt dort im Art. 22: Jeder Mensch hat als Mitglied der Gesellschaft Recht auf soziale Sicherheit; er hat Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Organisation und der Hilfsmittel jedes Staates in den Genuss der für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen. Und noch einmal deutlicher im Art. 25: Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Lebenshaltung, die seine und seiner Familie Gesundheit und Wohlbefinden einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztlicher Betreuung und der notwendigen Leistungen der sozialen Fürsorge gewährleistet; er hat das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität, Verwitwung, Alter oder von anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.
  1. Das Grundeinkommen steht jeder und jedem Einzelnen zu, denn die einzelnen Menschen sind Träger der Menschenrechte und nicht irgendeine Bedarfsgemeinschaft.
  1. Das Grundeinkommen wird ohne Bedürftigkeitsprüfung ausgezahlt. Damit entfällt eine der einschränkenden Bedingungen, die heute oft mit der Anmaßung der Prüfenden bzw. der Enteignung, ja sogar der Entrechtung und Entwürdigung der Geprüften verbunden ist. Außerdem würde ein großer bürokratischer Aufwand erheblich vermindert.
  1. Das Grundeinkommen wird ohne den Zwang, irgendeine Arbeit auf sich zu nehmen, überwiesen. Das Recht auf Arbeit ist nicht das Recht darauf, Andere zur Arbeit zu zwingen. Wer will, dass Andere für seine Zwecke mitarbeiten, muss sich um sie bemühen, sie von Sinn und Notwendigkeit dieser Arbeit überzeugen, und sie gegebenenfalls gut bezahlen.

Hier nun einige Vorteile, die für das BGE sprechen:

  1. Schutz gegen unerträgliche Armut
  2. Verminderung von Existenzängsten
  3. Weniger Depressionen
  4. Weniger Leiden an der fremdbestimmten Arbeitslosigkeit
  5. Ermutigung statt Demütigung
  6. Möglichkeit, sich zu verweigern
  7. Mehr Möglichkeit zu gemeinschaftlicher bezahlter oder unbezahlter Arbeit.
  8. Weniger Erpressung, Zwang und Ausbeutung von Notsituationen
  9. Stopp des Auseinanderdriftens von Arm und Reich
  10. Umlenkung der Produktion auf die wirklichen Bedürfnisse der Mehrheit.
  11. Trennung von Arbeit und Einkommen
  12. Anpassung an die Notwendigkeit aus ökologischen Gründen den Energieverbrauch und damit die Arbeit einzuschränken.
  13. Weniger Energie- bzw. Arbeitsverschwendung
  14. Weniger ökologische Schäden
  15. Neue Begegnungsmöglichkeiten, nicht nur am Arbeitsplatz.

Kurzum – das Grundeinkommen führt zu einem grundlegend neuen Denken, einem Paradigmenwechsel.

Bedingungsloses Grundeinkommen bedeutet jedoch nicht Anstiftung zu totaler Verweigerung, sondern im Gegenteil Anregung zu selbst bestimmtem Mitmachen, was verständlicherweise die Einsicht in den gemeinschaftlichen Nutzen bzw. die gesellschaftliche Notwendigkeit voraussetzt. Weiterhin soll das BGE natürlich nicht die vernünftigen Kräfte der Menschen lahm legen oder sie gar in destruktive Richtung lenken, denn es ist zu vermuten, dass die Erhöhung der existentiellen Sicherheit die Motivation zu sinnvoller sozialpartnerschaftlicher Tätigkeit nicht vermindern wird, sondern sie wird zu gemeinschaftlichem Handeln ermutigen.

Paradoxerweise ist das Geld nicht so wichtig für die Idee des Grundeinkommens. Es ist nur ein Mittel zur Umverteilung bzw. der Austarierung der Möglichkeiten und der Macht der verschiedenen Mitglieder der Gesellschaft. Das Recht auf ein menschenwürdiges Leben darf nicht mehr von dem abhängen, was eine kleine übermäßig über dieses Geld verfügende Minderheit willkürlich als Arbeit oder Leistung deklariert. Wenn diese relativ kleine Gruppe durch Vorenthaltung der lebensnotwendigen Güter einen großen Teil der Gesellschaft bedroht, ängstigt, erpreßt, ausgrenzt und dann auch noch verleumdet, verunglimpft und demütigt, so wird das Rechtsgefühl der Menschen beleidigt, es werden Rechtsstaat und Demokratie zerstört und es entsteht Wut und Verzweiflung. Und zu den lebensnotwendigen Gütern zählen nicht nur Wohnung, Nahrung und Kleidung, sondern auch die Möglichkeit zur Teilnahme am kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Leben.

Was hat nun aber das BGE mit den Anliegen der Friedens-Tournee zu tun? Militarismus und Kapitalismus könnte man als eine Art Zwillingsbrüder bezeichnen. Beide sind betrügerische Unterdrückungssysteme. Beide haben auch Macht über das Denken der Benachteiligten und Unterdrückten. Der eine verspricht Frieden und bewirkt größtenteils Krieg, der andere verspricht Reichtum und bewirkt größtenteils Armut. Beide versprechen Sicherheit und schaffen weltweite Bedrohung. Beide profitieren von der Verbreitung eines negativen Menschenbildes. Der eine nennt das nicht Mitmachen Feigheit, der andere nennt das nicht Mitmachen Faulheit. Aber diese „Feigheit“ ist oft beherztes Widerstehen gegen gewaltige Übermacht, und die „Faulheit“ ist oft vernünftige Anstrengung gegen schädlichen Fleiß. So empören wir uns gemeinsam gegen beide „…ismen“ für Frieden und Gerechtigkeit. Dafür brauchen wir jedoch eine grundlegende Unabhängigkeit von Arbeit-von-sich-Gebern und „extraktiven“ Investoren, also ein BGE.

Weitere Eindrücke zur Friedenstournee finden Sie hier

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